Der Burgus bei Goch-Asperden / Goch-Kessel bzw. Gut Graefenthal

Den spätrömischen Burgus in Asperden hat mein Vater mir schon gezeigt, als ich gerade erst ein paar Wochen alt war.
Die Gegend um dieses Kleinkastell herum trägt heute noch die Flurbezeichnung »Versunkenes Kloster« – offensichtlich erklärten sich die Bewohner dieser Gegend in früheren Jahren die römischen Ruinen und Fundamente mit dem Untergang eines Kloster im morastigen Uferbereich der Niers.

Standort von Glasofen (im Vordergrund) und Burgus (hinten oben)
Standort von Glasofen (im Vordergrund) und Burgus (hinten oben)

Tatsächlich handelt es sich aber um den Standort dieses Burgus. Von den eigentlichen Gebäuden ist heute oberiridisch nichts mehr zu erkennen. Dieser Standort liegt im Reichswald an der Niers, etwa zwischen Gut Graefenthal und Goch-Kessel. Der eigentliche Burgus stand oben auf der Anhöhe, während sich unten am Ufer der Niers eine kleine Gewerbeansiedlung mit einer Anlegestelle (möglicherweise auch einer Brücke über die Niers) befand.
Aussicht vom Standort des Burgus Richtung Glasofen und Niers
Aussicht vom Standort des Burgus Richtung Glasofen und Niers

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Der Burgus wurde vermutlich in den Jahren nach 367 n. Chr. unter Valentinian I. erbaut. Die Befestigung galt nicht dem römischen Limes, der einige Kilometer weiter östlich, entlang des Rheinstromes verlief, sondern vermutlich einer Nebenstraße der Rheinischen Limesstraße. Heimatforscher meinen, dass diese Nebenstraße mit dem heutigen Reuter-Weg (früher auch Rayter-Weg) identisch sein könnte. Jedenfalls könnte sich unterhalb des eigentlichen Burgus eine Furt oder eine Brücke befunden haben, denn der dorthin führende Weg ist tief eingeschnitten. Auf jeden Fall hatte man von der Anhöhe aus eine gute Übersicht über die Gegend.

Übersichtsskizze zum Burgus Asperden
Übersichtsskizze zum Burgus Asperden

Nach den Ausgrabungsergebnissen von 1964/1965 stand hier eine Befestigungsanlage mit Außenmaßen von ca. 72 Metern in der Ost-West-Ausdehnung. Sie war – , von außen nach innen betrachtet – zunächst durch eine Doppelreihe von Spitzgräben und dann durch eine Umfassungsmauer mit runden Eck- und Mitteltürmen gesichert. In der Mitte der Anlage stand ein massiver zentraler Turm mit Außenmaßen von ca. 15,60 x 15,60 m. Die Mauern hatten eine untere Breite von 2 Metern. Seine Höhe war nicht mehr zu ermitteln, er dürfte aber jedenfalls ein Obergeschoss gehabt haben, da im Innenraum die Reste entsprechender Stützpfosten gefunden wurden.

Ein weiteres Heimatforscher-Gerücht konnte (oder mußte?) bereits bei den vorherigen Ausgrabungen 1964/1965 begraben werden: Kaiser Otto III. wurde zwar im Jahr 980 im Reichswald bei Kessel geboren, als seine Mutter Theophanu auf der Reise zur Pfalz in Nijmegen war, es läßt sich aber nicht eimal nachweisen, dass der Burgus – bzw. ein ihn ersetzendes Haus – zu dieser Zeit noch genutzt wurde. Aus dieser Zeit fanden sich keine nennenswerten Fundstücke bei der Ausgrabung, so daß man davon ausgehen muß, dass der Ort zu dieser Zeit bereits verlassen war. Es ist daher nicht anzunehmen, dass Otto II. hier geboren wurde. (Mehr zu Otto III. z.B. bei Wikipedia…)
Was man hingegen sehr wohl gefunden hat, waren die Reste einer Metallschmelze auf dem Hochplateau. Das deutet darauf hin, daß man die Metallteile, die ursprünglich am Burgus verbaut worden waren, in späteren Zeiten mehr oder minder vollständig entfernt und zu großen Teilen umgeschmiedet hat. Datiert wird dieses Schmiedefeuer bereits auf das 5. oder 6. Jahrhundert.

Die Steine und sonstigen Bauteile hingegen wurden auch in späteren Jahren noch so gern verwertet, dass man bei den Ausgrabungen – mit Ausnahme des evtl. verschütteten Glasofens – nur noch sehr kleine Ziegelreste gefunden hat. Sonstige Funde sprechen dafür, dass auch im 12. und 13. Jahrhundert Steinbrucharbeiten an dem verfallenen Bauwerk erfolgten.

Der Glasofen während der Ausgrabung
Der Glasofen während der Ausgrabung

Im Juli 2007 fanden an dem Burgus erneut Ausgrabungen statt. Sie erfolgten sowohl unten im Uferbereich als auch »oben« im Wald, am Standort des eigentlichen Burgus. Im Uferbereich könnte sich damals eine Anlegestelle befunden haben. Außerdem fand man dort Spuren eines römischen Ofens zur Glasherstellung. Das war für die damalige Zeit in dieser Region noch eine echte Besonderheit.
Fliesenscherbe am Burgus Asperden
Fliesenscherbe am Burgus Asperden

Die Stellen sind inzwischen schon wieder ziemlich zugewachsen. Wer mit offenen Augen wandert, dem fallen aber dennoch die umherliegenden, überwiegend roten Ziegelbruchstücke auf, die die Archäologen als nicht sammlungswürdig verworfen haben.
Man erreicht die Stelle von der Aspermühle an der Triftstraße aus (Parkplatz) zu Fuß, indem man den Wanderweg am Fuß der Terrassenkante entlangläuft. Es ist ein ganzes Stück zu laufen. Alternativ kann man auch von Goch-Kessel aus vom Wanderparkplatz »Zum Horn« (Hinter der Gaststätte im Wald!) einen etwas kürzeren Weg starten.

Sebastians Literaturliste:

  • Brüggler, Marion: »Burgus und Glashütte bei Goch-Asperden« in Archäologie im Rheinland 2007, 2008, S. 109 – 111.
  • »Wiedergefunden – ein spätantiker Glasofen am burgus von Goch-Asperden« in Archäologie im Rheinland 2006, 2007, S. 148 – 150
  • »Ein Burgus bei Asperden, Kreis Moers« in Beiträge zur Archäologie des römischen Rheinlands / Rheinische Ausgrabungen, Bd. 3, Düsseldorf 1968 (nach langer Suche aufgetrieben!)
  • Artikel »Die Römer vor der eigenen Haustür« in »An Niers und Kendel – historische Zeitschrift für Stadt Goch…«, Heft Nr. 11, Mai 1984, S. 13 ff.
  • Naberfeld, Ute: Rekonstruktionsversuch des spätrömischen Burgus von Asperden in »An Niers und Kendel«, 1984, 11, S. 16-17 (Zeichnerische Darstellung zu dem obigen Artikel)
  • Hömberg, Ilse ; Hinz, Hermann: Ein Burgus bei Asperden, Kreis Moers In: Rheinische Ausgrabungen : Band 3 : S. 167 – 212 und Tafeln
  • Bridger, Clive: »Nachweis von Glasherstellung beim Burgus Asperden« in Archäologie im Rheinland 2003 (2004), S. 85-86 3806219117
  • Schalles, Hans-Joachim: Ein spätantiker Glaskameo aus Goch-Asperden In: Xantener Berichte. – Köln, 1994. – S. 251-261 : Ill.